Die-Gen eration-Z

Christian Scholz Gedanken und Materialien zur Generation Z



 

Neuer Artikel zu Generationsnamen

von Christian Scholz am 25. März 2019

Manchmal gibt es Schwierigkeiten bei Bezeichnungen von Generation Y und Generation Z: Da gibt es Millennials und sogar eine Homeland Generation. Und: In den U.S.A. verläuft der Wechsel von Y nach Z anders als in Europa. Dabei geht es also nicht nur um sprachliche Finessen. Dahinter stehen auch konzeptionelle Unterschiede. Deshalb hier ein kleiner (neuer) Artikel. 


Christian Scholz[1]


Definition der Generationen: Wann hört Y auf, wann beginnt Z?


Z ist anders als Y und dieser Unterschied ist zentral: Bereits im Januar 2012 warnte der Autor dieses Beitrags in der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD vor dem Irrglauben, Generation Y würde sich unverändert in die jüngeren Jahrgänge fortschreiben. Deshalb der Vorschlag, ab Jahrgang 1995 von „Generation Z“ zu sprechen – wohl wissend, dass es hier keine trennscharfe Grenze gibt, dennoch aber völlig andere Muster. Inzwischen hat die US-Amerikanische Forschung nachgezogen und PEW-Research postuliert im Januar 2019 die Existenz einer Generation Z als Nachfolgegeneration für Generation Y.

Zunächst etwas zur Einordnung: Bei der paradigmatischen Trennung nach Generation X sowie Y (und später Z), geht es nicht um Klassifizieren oder Etikettierung als willkürliches Zuschreiben von Merkmalen. Vielmehr gilt es, Verschiebungen in Wertemustern zu lokalisieren und aus dem Blickwinkel der unterschiedlichen Generationen differenzierte Handlungsoptionen abzuleiten. Konnte man also beispielsweise im Jahre 2000 Jugendliche mit „Vertrauensarbeitszeit“, „Arbeitszeitautonomie“ oder „flexiblen Arbeitsmodellen ohne Zeiterfassung“ ködern, so wirken diese Anreize fast 20 Jahre später auf Jugendliche eher als abschreckende Bedrohung. Genau das sollten Unternehmen zumindest wissen, ehe sie Geld in ein kontraproduktives Employer Branding stecken und in Zukunft potenzielle Bewerber vergraulen.

Betrachtet man nun die Eigendynamik der Generationen, so lassen sich gerade bei den Nachfolgegenerationen von den Babyboomern und Generation X interessante und zugleich erstaunliche Episoden lokalisieren.

Episode 1: Die Generation Y („Millennials“) tritt auf (2000)

Zumindest in den U.S.A. treten als Nachfolger von Babyboomern und der Generation X im Jahr 2000 die Millennials auf den Plan – so vor allem der von Neil Howe und William Strauss[2] propagierte Name für die Generation Y. Geboren nach 1980 sind sie gerade einmal 20 Jahre alt und scheinen sehr schnell und simpel kategorisierbar: Die Vertreter dieser Generation erkennen rasch die faszinierenden Chancen der neuen Internet-Technologie, sehen die grenzenlosen Perspektiven der neuen Arbeitswelt. Es ist die Zeit der immer größer werdenden Internet-Blase und die damit verbundene klare Botschaft lautet: viel arbeiten, viel Wettbewerb mit erstaunlich wenig Verlierern, viel Erfolg, viel Geld, aber auch weniger Freizeit. Die Arbeit dominiert und dringt immer mehr in das Privatleben einer dynamischen Generation Y ein, die grenzenlos optimistisch und leistungsbereit ist. Alles wirkt grenzenlos im guten wie im schlechten Sinne.

Diese Generation Y verbindet zwei Phänomene: Auf der einen Seite agiert sie in einem hochkompetitiven kollektiven Umfeld, das zuweilen deutlich darwinistische Züge trägt. Auf der anderen Seite richten sich die Akteure primär auf sich selber und ihren eigenen Nutzen aus, positiv zu formulieren als Sinnfrage („Generation Why“), kritisch formuliert als Opportunismus bezeichnet. Daraus ergibt sich ein Darwiportunismus[3], typisch für die Generation Y als Produkt und als Gestalter dieser Zeit.

Episode 2: Spürbare Veränderungen bei den ganz jungen Vertretern der Generation Y (2010)

Im Jahr 2010 ist die Generation Y zwischen 15 und 30 Jahre alt. Die jüngeren Millennials merken es deutlicher als die älteren: Dieses Hamsterrad der grenzenlosen Möglichkeiten wird zum Problem. Man erkennt schon die ersten Signale, wonach die Jugendlichen nicht mehr bereit sind, rund um die Uhr Privatleben brav dem Unternehmen unterzuordnen. Diese kleine, aber wachsende Gruppe fängt an, sich für freie Wochenenden und für ein ungestörtes Privatleben zu interessieren. Auch die Bereitschaft zu Überstunden sinkt. Parallel dazu bricht das Wirtschaftswachstum ein und plötzlich sind Karriereziele nur mehr sehr schwer zu erreichen. Der Generation Y werden knallharte Grenzen aufgezeigt, die oft nicht einmal durch Mehr-Arbeit überwunden werden kann.

Typisch für diese Diskussion ist unter der Überschrift „So haben die Millennials die Arbeitswelt verändert“ stehende Aussage:[4] „Sprechen Forscher über die Millennials oder die Generation Y, also die 1980 bis 2000 Geborenen, zeichnen sie genau dieses Bild: Diese Generation sei, entgegen vieler Vorurteile, durchaus leistungsorientiert und möchte auch erfolgreich sein – aber nicht auf Kosten der Familie, Freunde oder persönlicher Interessen.“ Genau das ist aber gefährlich. Denn bereits der Titel des Beitrages ist falsch: Statt „So haben die Millennials die Arbeitswelt verändert“ muss es heißen „So haben die jüngeren Millennials (die eigentlich keine Millennials sind) die Arbeitswelt verändert“.

Dieser Effekt bei einem kleinen Teil der Generation Y produziert zwei Probleme: Da diese Veränderungen am jüngeren Rand der Generation (also Geburtsjahr 1995 bis 2000) gleichzeitig verblüffend und zumindest von Unternehmen als unangenehm registriert wird, entsteht der Eindruck, die gesamte Generation Y würde so ticken, was aber nicht stimmt. Gleichzeitig frohlocken die Kritiker der Generationslogik, die jetzt darauf hinweisen, dass die Generation Y überhaupt nicht homogen ist, weil die ganz jungen sich schlichtweg anders verhalten als die älteren.

Episode 3: In Europa rückt die Generation Z in den Fokus (2012)

Der naheliegende Schluss: Es gibt weiterhin die klar lokalisierte und auch konzeptionell verstandene Generation Y. Zusätzlich tritt aber eine völlig andersartige Generation auf das Spielfeld, die von ganz anderen Faktoren geprägt wird. Man ahnt, dass wir nicht länger von den „etwas anderen jungen Vertretern der Generation Y“ sprechen dürfen, sondern von einer klar abgrenzbaren Generation Z, vermutlich sogar einem kompletten Gegenentwurf.

Aus dieser Zeit stammt auch der Beitrag des Autors dieses Textes im österreichischen STANDARD[5], der – basierend auf ersten unscharfen Daten und unter der Annahme konstanter Übergangsmuster zwischen den Generationen – diese Digital Natives mit dem Geburtsjahr 1995 beginnen lässt. Diese „Generation Z“[6] sieht sich als digitaler Entrepreneur mit dem Ziel der persönlichen Einkommens- und Lebenslustmaximierung. Dafür ist sie auch bereit, manchmal hart zu arbeiten – aber möglichst nicht am Wochenende. Gleichzeitig ist sie extrem realistisch, weiß also durchaus, dass Arbeitgeber nicht immer den Mitarbeiter im Mittelpunkt sehen. Das Ergebnis: Eine Loyalität zum Unternehmen, die deutlich niedriger ist als die zur Turnschuhmarke.

Entscheidend bei dieser Auseinandersetzung mit der Generation Z sind zwei Besonderheiten: Zum einen die Ganzheitlichkeit der Auseinandersetzung mit den Werte-Verhaltensmustern der Generation Z, zum anderen eine positive Sicht als „Generation Zukunft“.

Episode 4 (U.S.A.): Namensvielfalt in der Gruppe der Nachfolger (2014)

Für die jüngeren und etwas anderen Millennials verwenden Forscher und Berater teilweise weiterhin die Bezeichnung Millennials, auch wenn es deutlich wird, dass es sich hier um eine Auseinanderentwicklung handelt. Es tauchen zusätzlich diverse andere Bezeichnungen auf, die aber jeweils nicht mehr sind als nur Worte: Dahinter stecken immer sehr spezifische Ausschnitte aus der Realität.

2014 rückt – auch forciert durch die amerikanische Regierung – der Ausdruck Homeland Generation[7] in den Mittelpunkt, um darauf hinzuweisen, dass diese Generation bedingt durch die Terroranschläge von 9/11 „Heimat“ wieder schätzt und sogar den Urlaub lieber in den U.S.A. verbringt. Es gibt allerdings auch eine andere Begründung für diesen Namen: Danach steht diese Generation ganz im Schatten vom Homeland Security Act, der von manchen als drastische Einschränkung der Bürgerrechte gesehen wird. In jedem Fall stehen hier Umgang mit Terror und Gewalt sowie die daraus resultierenden Aktionen im Mittelpunkt.

2017 spricht Jean Twenge[8] – wie auch diverse andere davor – von einer „iGeneration“: Ab 1995 geboren drückt das I in der Bezeichnung den dominanten Bezug zu Internet, iPod und iPhone aus, liefert also primär eine technologische Perspektive; dementsprechend gilt sie in dieser als teilweise sozial isoliert, als eher unglücklich und sucht unbedingt Sicherheit im Leben, um stress- und unsicherheitsbedingte psychischen Schwierigkeiten abzumildern.

Weitere Ausdrücke sind beispielsweise „Post-Millennials“ als reine Fortschreibung der Millennials und „Generation-We“[9] als Menschen, die selten alleine, sondern immer real oder virtuell mit einer Gruppe verbunden sind.

Entscheidend an dieser Begriffswelt ist zum einen die Fokussierung auf meist nur ein dominantes Merkmal, zum anderen aber der Verzicht auf eine Ausarbeitung eines Wertesystems, wie in der durch Karl Mannheim[10]begründeten Generationslogik vorgeschrieben ist: Dort führen Prägungen in der Jugend zu Wertesystemen, die weitgehend bis ins Alter konstant bleiben.

Episode 5: Die U.S.A. ziehen mit der Bezeichnung Generation Z nach (2018)

Spätestens seit 2018 scheint zumindest nach Google Trends auch in den U.S.A. der Ausdruck Generation Z klar in den Vordergrund zu rücken.

Dies zeigt eindeutig ein entsprechender Artikel aus dem Pew Research Center[11]: Danach habe man sich ein Jahrzehnt explizit mit den Millennials auseinandergesetzt. Um aber diese Analyse trennscharf fortzusetzen, braucht es die klare Abgrenzung zur nächsten Generation. Wichtig und in der letzten Zeit bei vielen Pew-Publikation praktiziert ist auch der Kohortenvergleich, also der Vergleich von Denk- und Verhaltensmustern beispielsweise von 15-20-Jährigen im Vergleich von 15-20-Jährigen vor 15 Jahren.

Dass sich Pew Research auf das Startjahr 1997 festlegt, ist angesichts dieser ansonsten sinnvollen und international anschlussfähigen Grundausrichtungen verschmerzbar.

Episode 6: Konvergenz und Professionalisierung (2019)

Dieser kleine Beitrag will lediglich einige Episoden aus der Entwicklungsgeschichte des Generationenkonzeptes beschreiben und etwas die damit verbundene sprachliche Konfusion mildern, hinter der handfeste konzeptionelle Unterschiede liegen beziehungsweise lagen: Denn inzwischen scheint sich eine weltweite Konvergenz der Generationslogik abzuzeichnen, eine wichtige Voraussetzung für einen professionellen und ethisch-verantwortungsvollen Umgang mit Generationsunterschieden.


[1] Christian Scholz(Scholz@1v.com) ist emeritierter Professor für Organisation, Personal- und Informationsmanagement an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und Autor der Bücher „Generation Z“ (2014) sowie „Mogelpackung Work-Life-Blending“ (2018).

[2]Howe, Neil/Strauss, William (2000): Millennials Rising: The Next Great Generation. New York: Vintage Books.

[3]Scholz, Christian (2003): Spieler ohne Stammplatzgarantie: Darwiportunismus in der neuen Arbeitswelt. Weinheim: Wiley-VCH. 

[4]Greiner, Lena (2018): So haben die Millennials die Arbeitswelt verändert, 1.3.2018, http://www.spiegel.de/karriere/generation-y-so-haben-die-millennials-die-arbeitswelt-bereits-veraendert-a-1195595.html, abgerufen am 25. März 2019.

[5]Scholz, Christian(2012): Generation Z: Willkommen in der Arbeitswelt. DER STANDARD; print 7./8. Januar 2012, online 6. Januar 2012, https://derstandard.at/1325485714613/Future-Work-Generation-Z-Willkommen-in-der-Arbeitswelt, abgerufen am 24. März 2019.

[6]Scholz, Christian (2014): Generation Z. Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt. Weinheim: Wiley-VCH.

[7]Boysen, Anne (2014): It’s Official, The White House Calls Them “Homeland Generation”, 22. Oktober 2014, http://afterthemillennials.com/its-official-the-white-house-calls-them-homeland-generation/, abgerufen am 24. März 2019.

[8]Twenge, Jean M. (2017): IGen: why todays super-connected kids are growing up less rebellious, more tolerant, less happy – and completely unprepared for adulthood (and what that means for the rest of us). New York: Atria Books.

[9]Mary Meehan, Mary (2016): The Next Generation: What Matters To Gen We, 11. August 2016,https://www.forbes.com/sites/marymeehan/2016/08/11/the-next-generation-what-matters-to-gen-we/#6bb5aa767350, abgerufen am 24. März 2019.

[10]Mannheim, Karl (1927/1928): The Problem of Generations. In Kecskemeti, Paul (Hrsg.), Karl Mannheim: Essays 1952(republished 1972): 276–322. London: Routledge & Kegan Ltd.

[11]Dimock, Michael (2019): Defining generations: Where Millennials end and Generation Z begins, 17. Januar 2019, https://www.pewresearch.org/fact-tank/2019/01/17/where-millennials-end-and-generation-z-begins/, abgerufen am 25. März 2019.

Kommentare sind geschlossen.